„Das geht nicht mit einem Fingerschnipsen“

„Das geht nicht mit einem Fingerschnipsen“

Ein Realist macht sich auf den Weg zum Inneren der Seele

von Martina Schneider

„Ich wollte die Welt verändern und stellte fest, ich kann sie nicht verändern. Da veränderte ich mich selbst und siehe da, sie war verändert“, dieses Zitat des ehemaligen afrikanischen Staatspräsidenten Nelson Mandela geht mir nicht mehr aus dem Kopf. Es ist zu meinem Credo geworden, zu meiner Erkenntnis, die ich während der vier Tage in einer mallorcinischen Finca, abgeschieden in der Höhenlandschaft rund um Porto Cristo gewonnen habe.
Eine Erkenntnis, so wichtig für mich selbst, denn bis dato versuchte ich stets, alle Entscheidungen meines Lebens realistisch abzuwägen und oft auch durch eine Kopfentscheidung über’s Knie zu brechen, weil alles, was mir der Kopf sagt ja gut und durchdacht und somit richtig ist. So dachte ich und so hatte ich es auch gelernt.
Meine Intuition hatte ich bis dahin überwiegend stiefmütterlich behandelt, denn ich konnte sie nicht greifen und somit auch nicht begreifen, für mich als Mensch, der begreifen muss, undenkbar. Dass ich mit dieser Einstellung nahezu mein gesamtes Leben lang aufs falsche Pferd gesetzt hatte, das erlebte ich in den vergangenen Jahren, als es mit mir, mit meiner Beziehung, mit meiner Arbeit und mit allem um mich herum immer mehr bergab ging. So weit bergab, dass ich schließlich kein Licht mehr am Ende meines Tunnels erkennen konnte.
„Materie folgt Geist – es läuft alles im Kopf ab, was ich denke ob negativ oder positiv ist im Kopf“, erklärte uns Andreas Haaf, Wellness- und Mentalcoach aus Obermichelbach bei Fürth, der das Seminar „Yoga und innere Balance“ auf Mallorca hielt. Wir, das waren Sabine, Peter, Hermann und ich – vier total verschiedene Menschen aus total verschiedenen Lebensbereichen, die sich vorher noch nie gesehen hatten und nun vier Tage zusammen in der Abgeschiedenheit der malerischen mallorcinischen Landschaft lernten, in sich hinein zu hören, auf ihr Gefühle, ihre Befindlichkeiten, ihre Werte….
Fühlte ich mich anfangs wie in einem steifen Korsett fest eingeschnürt, gefangen in negative Gedankenmuster, merkte ich, wie sich diese langsam lösten und teilweise sogar von mir abfielen. Ich erkannte einen Menschen in mir, den ich jahrelang zugeschüttet hatte mit allem Ballast des Alltags, der sich Tag für Tag höher in mir aufgetürmt und mir zum Schluss kaum noch die Luft zum Atmen gelassen hatte.
Vier Tage Seminar mit Andreas das war kein Zuckerschlecken sondern harte Arbeit an sich selbst, im Inneren der Seele, die uns Realisten doch meist so fremd ist. „Wenn ich meine Realität verändern möchte, muss ich mich bewegen und arbeiten“, erklärte uns der Coach. Raus aus der eigenen Komfortzone und rein in die Arbeit an Verhaltens- und Denkmuster, die uns prägten und die zu verlassen oder abzulegen mit großen Schmerzen verbunden waren und sind. Darauf reagierte mein Körper mit Kopfschmerzen – ich kannte vorher überhaupt keine Kopfschmerzen, höchstens einmal einen Brummschädel nach einem Glas Rotwein zu viel.
Tränen liefen, mein Magen rebellierte, meine Kehle schien zugeschnürt. „Mit jeder Träne, die du vergießt, lässt du ein Stück weit mehr los“, erklärte mir Andreas, der nicht nur während der Seminarstunden sondern auch dazwischen, in der Freizeit für uns Ansprechpartner und wichtigster Mensch und Anlaufpunkt war. Power Meditationen, Innenweltreisen, Yoga, Fantasiereisen und Entspannungsübungen bildeten die Basis des Seminars.
Gespräche in der Gruppe, unzählige Übungen wie zum Beispiel das Wechseln der eigenen Perspektive um sich in den anderen Menschen, seine Last und seine Freude hineinzuversetzen und ihn somit besser verstehen zu können, ergänzten die Seminartage, die ausgefüllt waren mit lernen, lernen, lernen. „Es ist Arbeit, das geht nicht mit einem Fingerschnipsen“, machte uns Andreas unumwunden klar und jeder, der etwas anderes erwartet hätte, wäre bitter enttäuscht worden, hätte sich selbst etwas vorgelogen. „Verhaltensmuster unseres Lebens, die wir in Jahrzehnten angelernt bekommen, angenommen, beziehungsweise uns angeeignet haben können wir nicht in ein paar Tagen ablegen – das geht nicht. Das Bewusstsein ist da, doch wenn ich bereit bin, an mir zu arbeiten, und daran denke, es bewusst zu tun und kann etwas verändern“, sagte Andreas.
Aber, so leicht und einfach sich das in der Theorie anhört, so schwer und mühselig ist es, dies in der Praxis umzusetzen. Das geht nur mit üben, üben, üben. Und das ist auch der Punkt, an dem Viele wieder scheitern. In dem Seminar „Yoga und innere Balance“ geht es nicht darum, sich in vier Tagen Mallorca ein paar gute Anregungen mitzunehmen, Sonne zu tanken und sich auszuruhen um hernach nach zwei Tagen im Alltag wieder rigoros in seine alten Verhaltensmuster zurück zu fallen. Wer das im Sinn hat, der kann sich die Zeit getrost sparen.
Wer allerdings wirklich an sich arbeiten möchte, seinem Leben einen Sinn geben und die Zeit, die er noch vor sich hat bewusst leben und erleben möchte, der nimmt aus diesen vier Tagen Seminar mit Andreas Haaf einen unerschöpflichen Schatz mit an Gedankenanstößen, Übungen und wertvollen Aspekten, die ihn seinem Ziel, ein lebenswertes Leben zu leben ein ganzes Stück näher bringen.
Ich habe in den vier Tagen zwar die Welt nicht verändern können, doch als ich wieder zu Hause war merkte ich, dass sich die Welt um mich herum verändert hatte. Reaktionen und Gespräche der Personen aus eben dieser meiner Welt zeigten mir, dass ich den richtigen Weg eingeschlagen habe und das Loch am Ende meines Tunnels hat sich geöffnet und lässt jetzt helles Licht ins Dunkel, das mir jetzt überhaupt nicht mehr dunkel scheint.

Martina Schneider, Freie Journalistin und Teilnehmerin des Seminars „Yoga und innere Balance“ vom 20. bis 24. April 2007 auf der Finca Son Duri, Mallorca

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