Verspannungen einfach wegatmen

Verspannungen einfach wegatmen

Manfred Justs Selbsttherapie-Seminare für „krumme“ Zahnärzte
Ein Erfahrungsbericht aus Dresden
von Michaela Moritz
Thomas W., Zahnarzt aus München, hat Beschwerden in der Lendenwirbelsäule und
Spannungskopfschmerzen, bei Gundula H., Zahnärztin aus Zittau, knackt die
Halswirbelsäule und ihr Schultergürtel ist verspannt, Ina W., Zahnärztin aus
Nünchritz, verrenkt sich regelmäßig den Hals und Zahnarzthelferin Annett R. aus Bad
Dürrenberg kann ihren rechten Arm nicht mehr bis in die Senkrechte heben – sie alle,
die sich hier im Seminarraum des schmucken Gebäudes der
Landeszahnärztekammer Sachsen in Dresden versammelt haben, sind auf
irgendeine Weise „krumm“.
„Sie haben einen ungesunden Beruf“, werden die
neun Frauen und zwei Männer von Manfred Just
begrüßt, der seit etlichen Jahren aus seinem
Heimatort Forchheim in die Sachsenmetropole
reist, um geschädigte Zahnärzte und ihre
Helferinnen in eine Methode mit dem rätselhaften
Namen „just five“ einzuführen. „Selbsttherapie“
lautet der Untertitel, und der ist es, der auch
diesmal elf Leute gelockt hat.
Nach den 15 Berufsjahren, die die meisten der
Anwesenden auf dem Buckel haben, stellen sich
bei allen die ersten Wehwehchen und
Verschleißerscheinungen ein, so erzählen sie in
der Vorstellungsrunde. Wollen sie noch weitere
20 Jahre ihren Dienst am geöffneten Mund tun
können, muss sich etwas ändern.
Allen ist bewusst, dass die Basis ihrer guten Zahnarztarbeit sie selber sind und daher
ist ihnen klar, dass sie, wie Thomas W. sagt, einmal keine fachliche
Fortbildungsveranstaltung besuchen sollten, sondern etwas für sich selber tun.
„Meine Patienten haben immer Angst vor Schmerzen. Helfen kann ich ihnen da nur,
wenn ich selber schmerzfrei bin.“
Was verspricht Manfred Just? Der 51-jährige gelernte Sportlehrer, Krankenpfleger,
Therapeut und heutige Leiter seines Gesundheits- und Managementinstituts „JUST“
hat mit „ just five“ nach eigenem Bekunden eine Therapiemethode entwickelt, die bei
Beschwerden im muskulären Bereich jederzeit ohne Hilfsmittel und ohne großen
Zeitaufwand anzuwenden ist – und die sofort wirkt. Was will man mehr? Aber dass
mit nur fünf kleinen Übungen in fünf Minuten – daher der Name „just five“, der
gleichzeitig auf seinen Erfinder anspielt – lästig quälende Verspannungsschmerzen
beseitigt sein sollen, klingt dann doch etwas gewagt.
Am Beginn des Seminartages sind die Teilnehmer zwar voller Hoffnung, aber doch
auch skeptisch, am Abend, nach durchaus anstrengenden acht Stunden, wird man
elf erschöpfte, aber zufrieden gelöst lächelnde Mienen sehen.

Manfred Just hält sich nicht lange bei der Theorie auf, erläutert nur kurz, dass das
Besondere seiner Methode nicht ihre Bestandteile sind, sondern die Art und Weise
ihrer Kombination und Verdichtung – „ein Schnellmenü aus bekannten Rohzutaten“
wie Osteopathie, Atemtherapie, Zilgrei, Feldenkrais, Pilates oder isometrischem
Muskeltraining – und schreitet dann umgehend zur Tat.
Stellen Sie sich vor, es ist mitten am Nachmittag in Ihrem Praxisalltag. Der Nacken
schmerzt, ein Ziehen im Schulterbereich wird immer unerträglicher, aber es stehen
noch vier Patienten auf der Liste. „Normalerweise machen Sie in der kleinen Pause
zwischen zwei Patienten wahrscheinlich irgendwelche unkontrollierten
Lockerungsbewegungen. Lassen Sie’s und machen Sie lieber just five.“
Schritt für Schritt führt uns Just durch die
Einsteigerübung. Den Kopf nach rechts,
dann nach links drehen. Welche Seite ist
angenehmer? Bei mir eindeutig die rechte,
links spüre ich ab einem bestimmten Punkt
eine Blockade. Auf die angenehmere Seite
nun den Kopf wenden und ihn dort lassen,
dann in den Bauch einatmen, Atem fünf
Sekunden halten, ausatmen, fünf
Sekunden warten, einatmen… – das
Ganze fünf Mal.
Nun die Kontrolle: Kopf nach rechts und links drehen… Ich spüre links eine
Lockerung, und denke mir: Welch sympathische Therapie, bei der das Angenehme
und nicht das Schmerzhafte die Heilung bringt. Es folgen noch zwei Schritte, durch
die das Erreichte stabilisiert werden soll: erst eine mit der Hand unterstützte Drehung
zur zunächst unangenehmen Seite, dann eine mit der Hand abgeblockte Drehung
auf dieselbe Seite, die den Gegenspielmuskel stärken soll – beides jeweils wieder mit
Intervallatmung verbunden. Fertig ist der ersten Streich. Wir machen noch einmal
eine Kontrolle.
Das Ergebnis ist verblüffend. Als ob sich der Druck einer festen Eisenhand gelockert
hätte, lässt sich mein Kopf plötzlich auch nach links ganz leicht drehen.
Die Reaktionen der anderen sind unterschiedlich. Einer hatte beim Atmen
Kopfschmerzen, andere fanden es anstrengend, wurden müde, wieder andere
empfanden die Übung entspannend und stellten ähnliche Besserungen fest wie ich.
„Sie bringen Ihren Körper aus dem Gleichgewicht. Wenn er reagiert, heißt das, er
lebt noch“, sagt Just, prophezeit uns allen, dass wir am Abend ziemlich erledigt sein
werden („Sie werden noch nie an einem Tag so viel geatmet haben“) und verspricht,
dass alle anfänglichen Beschwerden vergehen, wenn man die Übungen regelmäßig
macht.
Wir tasten uns von Körperteil zu Körperteil. Nach dem Fünfer-Set für die
Halswirbelsäule kommt die Lendenwirbelsäule, es folgen Halsbewegungen gegen
Kopfschmerzen, dann kommt der Schulterbereich an die Reihe. Immer wieder hört
man bei der Endkontrolle ein „Extrem, also bei mir hat sich was getan!“ oder ein
verblüfftes „Das gibt’s doch gar nicht!“ von einer Frau, die ihre Nachbarin beobachtet
hat und deren Arm plötzlich am höchsten Punkt nicht mehr windschief steht, sondern
aufrecht in der Senkrechten.

Bei Zahnarzthelferin Annett R., die ein ähnliches Problem hatte, hat sich dagegen
nicht viel bewegt. Sie fühlt sich verpflichtet, den Seminarleiter zu trösten. „Das ist
eine langwierige Sache, ich bin deswegen schon anderthalb Jahre in osteopathischer
Behandlung.“ Justs Antwort darauf, als Überleitung zur Demonstration der
sogenannten Schüttelmethode: „Eine Sache von einer Minute.“
Annett R. muss sich auf ihrer Decke flach
auf den Rücken legen. Der Seminarleiter
nimmt ihre Hand, zieht den Arm nach
oben, bewegt ihn erst nach oben und
unten und schüttelt ihn dann sacht, bis
das Schulterblatt locker zu kreisen
beginnt. Annett R. steht auf und hebt
ihren Arm ein gutes Stück höher als
zuvor. Noch einmal eine halbe Stunde
später – bis die volle Wirkung einsetzt,
dauert es eine Weile, erklärt Just – ist bei
ihr zwischen rechts und links kaum mehr
ein Unterschied festzustellen.
„Dranbleiben“, sagt der Trainer, sonst
wird es wieder steif. Und an alle gewandt:
„Finden Sie einen in der Praxis, der Sie schütteln kann, lassen Sie sich einmal am
Tag ihre Flügel durchpendeln, und Sie sind fit für die nächsten Stunden.“
Paarweise dürfen anschließend alle wechselseitig das Schütteln probieren – und als
letztes Schmankerl vor der Mittagspause führt Just den „Gorilla“ vor, die
Ersatzmethode für die Selbstbehandlung, wenn einmal kein „Schüttler“ zur Verfügung
steht. Auf beiden Beinen hüpfend, die Arme vor sich gen Fußboden schleudernd,
bewegt er sich zur Belustigung aller durch den Raum. „Wenn die Patienten Bananen
mitbringen, haben Sie’s geschafft…“ grinst der Therapeut.
Nach dem Mittagessen, bei dem viel über den Zusammenhang zwischen der
Verkrampfung beziehungsweise Entspanntheit des Arztes und der des Patienten
gesprochen wird und Just den Teilnehmern den Mund wässrig macht auf sein „justfive“-
Intensivseminar auf Mallorca, gibt es drei Anwendungen gegen Verspannungen,
die von typischen Zahnarztbewegungen herrühren. Und ganz zum Schluss zeigt Manfred
Just seinen mittlerweile zu Fans mutierten Teilnehmern, wie sie ihr
Becken (wussten Sie, dass Becken und Kiefer miteinander zusammenhängen?)
gerade stellen können – eine Übung, die sich auch vor dem Walken, Joggen
oder Radfahren empfiehlt, da der Körper stets erst belastet werden sollte,
wenn er im Gleichgewicht ist.

In der abschließenden Feedback-Runde darf sich der Trainer über elf durchweg
positive Kommentare freuen: „Das war seit langem eine Weiterbildung, die wirklich
was gebracht hat“, sagt Zahnarzt Peter F. aus Lichtenberg, der „just five“ ab sofort in
seinen Alltag einbauen will. Zahnärztin Ulrike U. ist rundum zufrieden, weil sie ihr Ziel
erreicht hat: „Meine Schulter ist praktisch geheilt.“ Auch Zahnärztin Brigitte S. aus
Limbach-Oberfrohna findet, dass die Methode „ganz einfach überzeugt“ und dass sie
„eine wirklich gute Sache für die Praxis“ ist. Gefallen hat den Teilnehmern aber auch
die „kollegiale, entspannte Atmosphäre“, die „gute Mischung aus Praxis und Theorie“,
die „abwechslungsreiche Darbietung“. Zum Resumee vom Gundula H. aus Zittau
nicken alle: „Ein sehr schöner Freitag in einem lustigen Kreis!“ Ich selbst fühle mich
ein bisschen wie nach einem Tag Sonne und Meer – angenehm müde und sehr
entspannt.
Was gibt Manfred Just der Runde mit auf den Weg? „Machen Sie just five eine
Woche lang täglich. Sie werden beweglicher werden, sensibler und Menschen
anders wahrnehmen.“

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