Herz-Kreislauf-Erkrankungen in der Homöopathie

Herz-Kreislauf-Erkrankungen in der Homöopathie

Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind in Deutschland immer noch Todesursache Nummer eins. Etwa die Hälfte aller Todesfälle in Deutschland geht auf eine Erkrankung des Herzens oder des Gefäßsystems zurück. Vor allem ältere Menschen sind betroffen, doch die Zahl der Erkrankten unter 50 Jahren steigt. Die Störungen des Herz-Kreislauf-Systems sind vielfältig und verlaufen häufig schleichend. Zum Tode führen letztendlich meist ein Herzinfarkt oder ein Hirnschlag (Schlaganfall).

Aufgrund der Häufigkeit der Herzerkrankung, ist es eine ebenso häufige Aufgabe des Homöopathen sie zu behandeln und entscheidend zu verbessern. Für den Patienten ist die Erkrankung am Herz immer eine stark psychisch belastende Indikation, denn das Herz ist das zentrale Organ des Lebens.

Das Herz-Kreislaufsystem

Die Funktion:

Das Herzkreislauf-System gewährleistet die Versorgung aller Organe und bildet

somit das Tor zum Leben aber auch ein Tor zum Tod.

Es handelt sich um ein sehr komplexes Organsystem das im Wesentlichen dem

vegetativen Nervensystem unterworfen ist. Eine direkte Beeinflussung ist nur

bedingt möglich und wird zum Beispiel bei Tauchern beobachtet, denen es durch

ein gezieltes Training möglich ist die Schlagfrequenz zu drosseln um den Bedarf

an Sauerstoff zu senken. Im normalen Leben finden solche besonderen

Techniken keine Anwendung. Neben der nervalen vegetativen Ansteuerung verfügt das Herz auch über ein “Notfallprogramm“ das eine Minimalpumpleistung für kurze Zeit sichert.

Die Lage:

Das Herz liegt wunderbar von der Natur eingerichtet, geschützt imBrustkorb. Es

liegt leicht gekippt zu 1/3 rechts und zu 2/3 links hinter dem Brustbein.

Eingebettet zwischen den beiden Lungenhälften nach links und rechts und nach

unten zum Zwerchfell.

Der Aufbau:

Das Herz ist ein etwa 350g schwerer Hohlmuskel der in seinem Inneren in 4

Hohlräume nochmals unterteilt ist. Er besteht aus drei Schichten . Der äußeren

(Epicard oder Herzbeutel) der Muskelschicht (das Myocard) und der Innenschicht

(das Endocard) Die Hohlräume teilen wir in zwei Vorhöfe und zwei Kammern auf.

Die linke Herzkammer hat ein deutlich dickeres Myocard als das übrige Herz. Sie

bildet das eigentliche Hochdrucksystem. Die Vorhöfe (Oben)sind von den

Kammern (unten) durch die Herzklappen getrennt. Vom linken Vorhof zur linken

Kammer befindet sich die „zweizipflige Segelklappe“ (Bicuspidalis) und vom

rechten Vorhof zur rechten Kammer die „dreizipflige Segelklappe“

(Tricuspidalis)Die Herzklappen werden vom Endocard gebildet.Das linke Herz ist

vom rechten Herz durch die „Herzscheidewand“ (Septum) getrennt. Die Klappen

in Fließrichtung vom Herzen weg sind sogenannte „Taschenklappen“ und

befinden sich am Beginn der Aorta, sowie der Lungenarterie.

Das Gefäßsystem:

Es wird zwischen dem arteriellen und dem venösen Anteil unterschieden. Die

Arterie führt mit einer Ausnahme sauerstoffreiches Blut, die Vene

sauerstoffarmes Blut. Besser ist die Unterscheidung – Venen führen zum Herzen

hin und – Arterien vom Herzen weg.Unterschieden werden ferner der

Körperkreislauf (großer Kreislauf) und der Lungenkreislauf (kleiner Kreislauf).

Herzerkrankungen in der homöopathischen Praxis.

Es gilt festzuhalten der Homöopath, als Arzt oder Heilpraktiker, ist in der Regel nicht der Erstbehandler, bzw. die Patienten kommen nicht primär wegen der Herz-/Kreislauferkrankung. Das Anliegen ihres Erscheinens in unseren Praxen betrifft meist ein anderes Organ-System. Herz-/Kreislaufbeschwerden werden im Spontanbericht vergessen, da sie ja bereits vom Arzt „eingestellt“ sind. Da sie durch allopathische Medikamente oft schon über Jahre reguliert werden, sind die Beschwerden dem Patienten auch nicht mehr direkt im Bewusstsein.

Wenn Patienten tatsächlich wegen der Herzerkrankung kommen, was sehr selten passiert, haben wir einen dekompensierten oder austherapierten Zustand und gelten oft als letzte Hoffnung. Die homöopathische Behandlung von schwer herzkranken Patienten ist nicht einfach und hat meist noch zusätzlich die Erschwernis, dass die homöopathische Verlaufsbeurteilung durch eine Parallelbehandlung mit allopathischen Medikamenten verwischt wird. Hier gilt es mit einer intensiven und gesondert gearteten Anamnese darauf zu reagieren.

Die Diagnostik spielt eine wesentliche Rolle in der Behandlung von Erkrankungen des Herz-/ Kreislaufsystems. Bildgebende Verfahren und EKG etc. können von (Fach-)Ärztepraxen eingesetzt werden und vermitteln ein Gefühl der Sicherheit. Deshalb sind diese Erkrankungen fest in Ärztehand und werden baldmöglichst mit allopathischen Medikamenten behandelt, an deren Notwendigkeit keiner mehr zweifelt und einmal getroffene Entscheidungen werden selten hinterfragt.

Behandlungen der Herzerkrankungen ausschließlich durch Homöopathen, sind in unseren Breiten eine Seltenheit. Auch in der europäischen Historie findet sich wenig Brauchbares.

Gute alte Kardiologen findet man am ehesten unter den indischen Ärzten, auch englische, amerikanische alte Praktiker waren firm auf diesem Gebiet.

Dr. Douglas Borland 1885 – 1960, britischer Homöopath, der bei Kent in Chicago studiert hatte, schrieb ein kleines Büchlein über Herzerkrankungen in englischer Sprache, indische Ausgabe. Auch Vakil hat ein unterschätztes Buch dazu geschrieben.

Der kardiologische Notfall in der homöopathischen Praxis – oder wenn jede Minute zählt:

Eine Herzattacke ist ein dramatischer Notfall, bei dem schnell gehandelt werden muss – sowohl schulmedizinisch als auch homöopathisch. Eine fundierte Arzneimittelkenntnis ist daher für den Homöopathen unverzichtbar. In akuten Notfällen geht es in der Homöopathie ausnahmsweise nicht primär um Heilung, sondern um Linderung von Schmerz und Angst sowie gegebenenfalls um die Schaffung einer günstigeren Ausgangssituation für eine Behandlung durch den Notarzt, bzw. Facharzt. Voraussetzung hierfür ist allerdings eine gute Arznei­mittelkenntnis, denn für Repertorisation und Arzneimittelvergleich bleibt in der Regel keine Zeit.

Herzinfarkte beispielsweise zählen zu den häu­figsten Todesursachen in Deutschland, etwa 60.000 Menschen sterben jährlich daran. Viele Menschen trifft der Infarkt unvorbereitet „wie aus heiterem Him­mel“, als erstes Anzeichen einer Herzkrankheit. Jeder Dritte überlebt ein solches Ereignis nicht.

Dramatische Situationen begegnen uns bekannter­maßen immer dann, wenn wir am wenigsten damit rechnen, z. B. am Wochenende in der Entspannung. Die besten Aussichten, einen Infarkt ohne bleibende Schäden zu überstehen, haben Pati­enten, die in der ersten Stunde nach Beschwerdebe­ginn schulmedizinisch behandelt werden. Aber nur jeder fünfte Betroffene ist so schnell im rettenden Krankenhaus. Die einzigen Hilfsmittel sind oftmals nur lebensrettende physikalische Maßnahmen und eine gut sortierte homöopathische Notfallapotheke. Dabei kommen nicht allzu viele Mittel unserer Materia Medica bei solch dramatischen Fällen zur Anwendung.

Es sind nur vier Arzneien, mit denen Dr. Borland bei akutem Herzversagen auskam:

Laut dem englischen Homöopathen D. M. Borland, der als Kent-Schüler in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts am Royal London Homoeopathic Hospital reichlich Erfahrung bei der Behandlung lebensbedrohlicher Krankheiten sammeln konnte, sind die

Arsenicum album Ausgesprochene Furcht und Ängstlichkeit, psychi­sche wie physische Ruhelosigkeit trotz intensiver Erschöpfung und Schwäche. Durst auf kleine Schlucke eiskalten Wassers. Furcht zu sterben.

Der Patient klagt über ungeheuren kardialen Druck, er hat das Gefühl eines schweren Gewich­tes auf der Brust, ein Gefühl von Zusammenschnü­rung, als könne er nicht genügend Luft in seine Lungen atmen. Auf Grund der Atemnot nimmt der Patient meist eine sitzende Stellung ein. Obwohl sehr frostig, klagt der Patient über bren­nende Schmerzen in der Brust. Sein Gesichtsausdruck zeugt von schlimmen Qualen und grenzenloser Angst. Die Gesichtsfarbe ist grau, die Lippen blass und leicht zyanotisch. Reagiert ein solcher Patient nicht innerhalb einer Viertelstunde auf die Arsengabe, so handelt es sich nach Borland nicht um einen Arsen-Fall. Positive Reaktionen sind in diesem Fall die Verminderung von Angst und Furcht sowie der Unruhe und der Kälte. Borland verwendete die CM, die er alle 15 Minuten verabreichte. Vorsicht, oft wird ein Folge­mittel benötigt (z. B. Phosphor oder Sulfur), denn nach anfänglicher Besserung lässt die Wirkung von Arsenicum oft schnell nach!

Antimonium tartaricum

Dieses Mittel ist angezeigt bei pulmonalen Kom­plikationen mit ausgeprägter Tendenz zur Zyanose (Fingernägel, Hände, Füße). Im Gegensatz zu Arsen sind die Patienten wesent­lich weniger ängstlich, als vielmehr hoffnungslos und niedergeschlagen.

Unruhe und Blässe sind nicht so stark ausgeprägt, ebenso der Durst. Trinken verschlimmert den Zustand.

Typisch ist eine starke Verschlechterung durch Hitze sowie Unverträglichkeit von stickiger Luft (bei Arsen bessert die Hitze meist), vergl. Carbo-v.: Verlangen nach Zugluft, die der Ant-t.-Kranke nicht verträgt.

Ödeme der unteren Extremitäten sind bei Ant-t. häufig. Charakteristisch ist auch die dick weiß belegte Zunge.

Typische Empfindung: Völlegefühl in der Brust, statt des akuten Schmerzes von Arsen. Grobe Rasselge­räusche aus den Bronchien ohne entsprechenden Auswurf.

Nach Borlands Aussage wird der Ant-t.-Patient durch die Gabe der Arznei gerettet, er benötigt kein Folgemittel, wie dies bei Arsen oft der Fall ist.

Beim Verdacht auf Myokardinfarkt dient das FKG zur sicheren Diagnosestellung.

Carbo vegetabilis

Hier sehen wir das klassische Kollapsbild mit kaltem Schweiß, eingetrübtem Bewusstsein und ausgeprägtem Lufthunger trotz kalten, klammen Körpers: Der Patient will angefächelt werden und sich abdecken. Sauerstoffzufuhr bessert. Blässe und eher blasse Lippen (weniger zyanotisch). Der Patient klagt über ein starkes Spannungsge­fühl, jedoch weniger in der Brust, als vielmehr im Oberbauch.

Ausgeprägte Flatulenz. Jeder Versuch zu Essen oder zu Trinken verschlimmert.

Auffallend ist die Diskrepanz zwischen eiskalten Extremitäten und der Unverträglichkeit einer Zudecke. Häufig, aber nicht immer, ist nach Wirkungseintritt ein Folgemittel nötig (z. B. Sulfur, Kalium carbonicum). Weitere Kollapsmittel sollten verglichen werden, wie z. B.: Acidum carbolicum, Campbora, Heloderma, Seeale, Tabacum, Veratrum album

Oxalicum acidum

Extreme Erschöpfung.

Taubheits- und Lähmungsgefühle in Beinen und Füßen, so als wären sie nicht mehr vorhanden. Kälte und ein klammes Gefühl der Haut (Carb-v.), jedoch mit fleckiger Zyanose (!), Fingerspitzen und Nägel der Finger sind zyanotisch, die Haut ist an verschiedenen Stellen marmorartig verfärbt (z. B. im Gesicht, besonders über den Wangenknochen), jede Bewegung verschlimmert. Charakteristisch ist ein scharfer, wie mit Nadeln stechender Schmerz, der vom Rücken durch die Brust geht. Er kann sich an der linken Seite des Brustbeins aufwärts bis zum Schlüsselbein oder abwärts bis ins Epigastrium erstrecken. Borland sah die meisten seiner Ox.-ac.-Fälle bei Grippe-Pneumonien (oft links-basal), wobei der Patient kraftlos ist, das Bewusstsein verliert und Herzversagen eintritt.

Dies ist ein kleiner Einblick in die homöopathische Pharmakologie in einem sensiblen Gebiet, in dem zudem schulmedizinisch Großes geleistet wird. Die Handhabung dieser Informationen sollte entweder in einem Kurs erlernt werden oder Sie fragen als Patient Ihren Homöopathen zwecks der Anwendung. Man kann verstehen, dass für eine fundierte konstitutionelle homöopathische Therapie bei Herzerkrankungen keine Selbstmedikation erfolgreich sein kann. Hier gilt es den erfahrenen homöopathischen Arzt oder Heilpraktiker aufzusuchen, meint Michael Leisten, HP (www.praxis-leisten.de) und erfahrener Homöopath. Leiter der Akademie der Klassischen Homöopathie (www.homoeopathie-hof.de) und Vorstandsmitglied der Gesellschaft für Wissenschaftliche Homöopathie.

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